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Irisches Drama in Wien

Werner Huber

Dieses Teilprojekt untersucht die Rezeption und Rezeptionsgeschichte irischer Autoren und Dramen auf Wiener Bühnen. Dabei müssen gleich zu Beginn drei Größen des irischen Dramas aus dem Textkorpus ausgeklammert werden: Oscar Wilde, George Bernard Shaw und Samuel Beckett werden als eher 'inter-nationale' Autoren (Weltliteratur) in eigenen Teilprojekten behandelt. Die Tatsache, dass diese drei nicht zum Untersuchungsgegenstand gehören, lenkt allerdings sofort auch die Aufmerksamkeit auf die Frage, was ein irisches Stück eigentlich ausmacht.

Irisches Drama und Theater definieren sich traditionellerweise durch irische Themen, Motive, Figuren, Schauplätze, etc. – in anderen Worten dadurch, dass "Irishness" als kulturelle Ware zum Ausdruck gebracht oder gar als solche vermarktet wird. Im Zeitalter des 'keltischen Tigers' sprechen Globalisierung und die Idee einer weltweiten Diaspora entschieden gegen solche Egozentrik und Selbstreflexivität. In einem kürzlich erschienenen Aufsatz über irisches Theater und irische Identität attackierte der Dramatiker Declan Hughes die Rückständigkeit des zeitgenössischen irischen Theaters: "I'd like to see Irish theatre embrace the profound change that has occurred: that we are barely a country any more, never have been and never will be that most nineteenth century of dreams, a nation once again; that our identity is floating, not fixed. I could live a long and happy life without seeing another play set in a Connemara kitchen, or a country pub." Diese Problematik ist umso virulenter, wenn ein irisches Stück transferiert und in einem fremden kulturellen Kontext aufgeführt wird. Welche Erwartungen an den 'irischen Charakter' des Stücks treten hier in bezug auf Thema und Inhalt auf?

Der Fall des irischen Dramatikers Martin McDonagh verdeutlicht auf bezeichnende Weise die Aporien und Dilemmata von Kulturtransfer. In The Pillowman (Akademietheater, 2003) verabschiedete sich McDonagh von den aus seinen früheren Stücken bekannten Schauplätzen, wie etwa dem "authentischen Westen" Irlands, zugunsten eines vage zentral- oder osteuropäischen Kontextes und der thematischen Auseinandersetzung mit der Situation eines Schriftstellers in einem totalitären Staat. Damit gab er auch die Formel des Pastiche, der Parodie irischen Bauerntheaters auf, die er zum Beispiel in The Beauty Queen of Leenane (Drachengasse, 1997) und The Lieutenant of Inishmore (Burgtheater, 2001) mit großem Erfolg verwendet hatte.

Der Fokus dieser Studie liegt auf den vielfältigen Spielarten, wie Irland-Bilder und "Irishness" die Rezeption von irischen Stücken in Wien bestimmen. Die Methode ist kulturwissenschaftlich ausgerichtet und orientiert sich besonders an imagologischen Verfahren (also der Untersuchung von nationalen Bildern und Stereotypen). Es ist zu erwarten, dass die Resultate der Untersuchung zu der aktuellen Debatte um die Beziehung zwischen globalen und lokalen Strukturen beitragen und außerdem die Aufwertung von transnationalen, wenn nicht sogar universalen, Themen und Sujets durch Prozesse der Akkulturation und des interkulturellen Austauschs näher ergründen.

Internationale Kooperationen:
- CDE: German Society for Contemporary Theatre and Drama in English;
- Irish Theatrical Diaspora Project (Prof. Nicholas Grene, Trinity College Dublin; Prof. Michael Kenneally, Montreal; Prof. Peter Kuch, Dunedin).

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